HM-HETZELMEDIA
Von : H.HETZEL, Den Haag
Datum : 7.1.2020
Niederlande/Der dreifache Kuss
Bussi, Bussi, Holländer debattieren über ihr Kuss-Ritual
Das niederländische Kuss-Ritual – immer drei Mal wie in der Schweiz:
Aber: Küssen oder nicht – das ist manchmal die Frage/ Niederländer debattieren über das Küssen beim Neujahrswunsch
Von HELMUT HETZEL
Den Haag. Küssen ist etwas Schönes. Es gibt den Kuss in vielen Formen. Den leidenschaftlichen Kuss, den freundschaftlichen Kuss auf die Wange, den Handkuss als Zeichen der Hochachtung und als klassischer Luft-Kuss ausgeführt, sodass die Lippen des Mannes den Handrücken der Frau nicht berühren; den Begrüßungskuss, das Bussi oder Busserl, den Zungenkuss, den Wangenkuss, dem Gustav Klimt ein künstlerisches Denkmal setzte, den Judaskuss, der Nipp-Kuss mit den Lippen oder den Intim-Kuss im Genitalbereich, Fellatio und Cunnilingus.
Küssen macht Spaß und wird daher überall auf der Welt praktiziert, aber überall etwas anders. In den Niederlanden begrüßt man sich unter Freunden in der Regel mit einem dreifachen Kuss auf die Wange. Meist in der Folge: Rechts, links, rechts. Neuester Trend: Ganz gute Freunde küssen sich neuerdings in Holland auch auf den Mund. Sie geben sich ein Busserl, wie die Bayern sagen. Küssen ist ein beliebtes Ritual in den Niederlanden. Es wird immer und überall geküsst, geküsst, geküsst – immer dreimal zur Begrüßung und zum Abschied.
Besonders viel und ausgiebig geküsst wird in diesen Tagen in den Niederlanden, wenn man sich gegenseitig ein frohes Neues Jahr wünscht. Dann wird herzhafter auf die Wange geküsst als sonst üblich beim Begrüßungs- oder Abschiedskuss. Und immer dreimal. Auch die Busserl fliegen nur so hin und her zwischen Freunden, bevor oder nachdem der Neujahrswunsch ausgesprochen wird. Einem ungeschriebenen Gesetz zufolge hält die intensive Neujahrsknutscherei in Holland noch mindestens bis zum 23. Januar an. Aber nicht alle sind glücklich darüber, dass sie ständig ihre Wange hinhalten müssen, um sich von jemand anderem Küssen zu lassen. Vor allem dann nicht, wenn mann/frau diesen anderen nur flüchtig kennt. Oder dann, wenn es ein Arbeitskollege/in ist, den oder die mann/frau nicht so gerne küsst oder sich von ihm/ihr küssen lässt. Daher debattieren die Niederländer jetzt heftig über die Frage: Soll ich jeden meiner Arbeitskollegen küssen, wenn ich ihm oder ihr ein frohes Neujahr wünsche?
Nach Ansicht der Expertin für die Etikette Gonnie Klein Rouweler‘‘ ,,ist es nicht üblich jeden Arbeitskollegen zu küssen, wenn man den Neujahrswunsch überbringt. Man kann auch einfach die Hand geben und ein frohes Neues wünschen,‘‘ meint sie. ,,Aber es ist auch kein Problem, wenn man den ein oder anderen Arbeitskollegen samt Neujahrswunsch dreimal küsst. Das geht auch. Das hängt von der Betriebskultur im Büro ab. Vor allem geht es darum, dass der Neujahrswunsch ehrlich gemeint ist und auch so rüberkommt.‘‘ Aber generell meint die Etiketten-Expertin: ,,Im Büro und am Arbeitsplatz sollte man die Kollegen beim Neujahrswunsch nicht küssen. Händeschütteln reicht.‘‘
Nur die Niederländer und die Schweizer küssen sich zur Begrüßung und zum Abschied drei Mal.
Andernorts, wie etwa in Frankreich oder Italien, sind es meist nur zwei Wangenküsse, die zum Begrüßungs- und Abschiedsritual gehören. In manchen Regionen in Frankreich wie in der Champagne oder im Loire-Gebiet sind beim Begrüßungsritual aber oft vier Küsschen fällig, auch unter den Einwohnern von Paris sind vier Küsse häufige Begrüßungspraxis.
In Deutschland wird meist nur einmal geküsst, wenn man sich mit Freunden trifft. Meist reicht in Deutschland sogar der Handschlag, der Begrüßungskuss entfällt. Das sich Umarmen hat hier derzeit Hochkonjunktur.
Unklar ist, warum sich die Niederländer beim Begrüßungsritual dreimal Küssen. Die Brabanter im Süden der Niederlande nennen das Dreifach-Bussi auf die Wange den ,,Brabantse-drieklapper.’’ (Brabanter Dreischlag). Vermutet wird, dass das Küssen als Begrüßungsritual sich von Frankreich kommend über Belgien in die Niederlande ausgebreitet hat.
,,Wo dieses dreifache Kussritual herkommt, das werden wir wohl nie wissen,‘‘ meint Reinildis van Ditzhuyzen, Etiketten-Expertin und Autorin des Buches: ,,Wie gehört es sich eigentlich?‘‘ (Hoe hoort het eigenlijk?). ,,Mit dem Küssen ist es wie mit der Sprache, das Küssen und die Sprache entwickeln sich.
Früher sagten wir, wenn wir jemandem etwas mitteilen wollten, wir haben etwas ,,te vertellen‘‘ – zu erzählen – heute sagen wir, wir wollen etwas mit Dir ,,delen‘‘ – teilen. Sprache und Umgangsformen sind lebendig. Sie verändern sich ständig.‘‘ Das Kussritual wohl auch.
Links:
www.helmuthetzel.com
www.hetzelmedia.com
www.haagsche-salon.com
https://www.haz.de/Nachrichten/Wissen/Uebersicht/Tag-des-Kusses-Kuessen-ist-viel-intimer-als-Geschlechtsverkehr
https://www.sprout.nl/artikel/personeel/een-twee-drie-zoenen-op-de-nieuwjaarsborrel-hoe-mensen-elkaar-begroeten-en
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