HETZEL-MEDIA-DEN HAAG
Datum : 03-04-2019
Niederlande/Großbritannien/EU/Brexit
BREXIT
Rotterdamer Hafen wird Außengrenze der EU nach Brexit/Neue Zollmodalitäten bei Brexit in der Vorbereitung/Nervosität steigt
Von HELMUT HETZEL
Rotterdam. Wenn der Brexit, der Austritt Großbritanniens aus der EU, vollzogen ist, dann ist der Rotterdamer Hafen eine Außengrenze der EU gegenüber dem Vereinigten Königreich. Dann kehren hier alte Zeiten zurück. Dann gibt es hier für alle Güter, die über den Rotterdamer Hafen nach Großbritannien verschifft werden, wieder umfangreiche Zollkontrollen. Dann wird der bisher freie Handel und Warenaustausch zwischen dem Kontinent und der britischen Insel zu Ende sein. Zollkontrollen sind dann wieder nötig.
Kommt heute ein Lkw aus Deutschland, Polen, Italien, Rumänien im Rotterdamer Hafen an, dann kann dieser Brummi ruck zuck auf eine Fähre fahren, braucht nur kurz seine Frachtpapiere sehen zu lassen und kann dann mit dem Schiff weiterreisen nach Großbritannien. ,,Das dauert heute ein paar Sekunden,‘‘ sagt Ivan van der Wolf, der Direktor des digitalen Hafensystems ,,Portbase.‘‘
Rotterdam Hafen
Ist der Brexit aber eines Tages Realität, dann wird das hier im Rotterdamer Hafen alles nicht mehr so schnell gehen mit der Abfertigung der Lkw’s, die ihre Fracht auf die britische Insel bringen wollen.
Dann wird es Wartezeiten geben. Wartezeiten, die pro Lkw bis zu 15 Minuten oder noch länger dauern können.
Wenn man bedenkt, dass täglich 3000 Lkw´s über den Rotterdamer Hafen nach Großbritannien verschifft werden, kann man sich ausmalen, welch lange Warteschlangen hier entstehen werden, wenn der Brexit, vor allem ein harter so genannter No-Deal Brexit, einmal Realität sein wird. Denn jährlich überqueren 1,2 Mio. Lkw´s vom europäischen Festland kommend über den Rotterdamer Hafen und die dortigen Fährdienste die Nordsee Richtung Großbritannien.
Unter den Bewohnern in den umliegenden Städten und Gemeinden rund um den Rotterdamer Hafen, in Hoek van Holland, Maasdijk und Vlaardingen, geht schon die Angst um, dass viele Lkw´s künftig durch die Straßen ihrer Gemeinde fahren könnten, um die im Rotterdamer Hafen nach einem Brexit wahrscheinlich entstehenden großen Lkw-Staus zu umfahren. Denn durch die neuen nach einem Brexit nötig werdenden Zollkontrollen, könnten sich die Lkw, die via Rotterdam nach Großbritannien wollen, bald Kilometer lang stauen.
Rotterdam
Damit solche Mega-Staus nicht entstehen, hat die Rotterdamer Hafenverwaltung zwei neue Maßnahmen ergriffen. Die erste: Im Hafen wurde ein riesiger Parkplatz für 700 Lkw´s errichtet. Dort können die Brummis auf ihre Abfertigung warten. Zweitens: Das schon bestehende digitale Hafensystem ,,Portbase‘‘ ist nun auch für den Güter- und Lkw-Transport nach Großbritannien zuständig.
,,Nach dem Brexit müssen für die Güterausfuhr nach Großbritannien mindestens sieben verschiedene Zollformulare ausgefüllt werden,‘‘ sagt Portbase-Direktor Iwan van der Wolf. ,,Das Portbase-System wird dann aber auch zugänglich sein für den Warentransport nach Großbritannien. Die Lkw-Fahrer müssen nach dem Brexit über das Portbase-System alle notwendigen Formulare im Portbase-System digital ausgefüllt haben, noch bevor sie im Rotterdamer Hafen ankommen. Nur dann können wir eine relative schnelle Einschiffung der Lkw´s nach Großbritannien möglich machen. Sind diese Formalitäten vorab über das Portbase-System nicht vollständig ausgefüllt, dann müssen die Lkw´s eben warten bis die Zollformalitäten vor Ort geregelt sind. Und es ist genau das, was viele Einwohner in den Städten und Gemeinden rund um den Rotterdamer Hafen fürchten, dass nämlich viele Lkw-Fahrer diese nach einem Brexit nötig werdenden Zollformalitäten nicht oder nicht vollständig digital über das Portbase-System an den Rotterdamer Hafen gemailt haben, bevor sie dort ankommen. Tun sie das nämlich nicht, dann droht der Mega-Lkw-Stau in und rundum des Rotterdamer Hafens, dem größten Hafens Europas.
Brexit und die Folgen
Damit es nicht so weit kommt, führt der Rotterdamer
Hafen derzeit schon eine große Aufklärungskampagne der Lkw-Fahrer durch. Überall im Hafen wurden Schilder aufgestellt. Auf denen steht in Deutsch, Polnisch, Bulgarisch, Rumänisch, Italienisch, dass nach dem Brexit die Vorab-Anmeldung über das Portbase-System erforderlich ist. Zudem werden an alle Lkw-Fahrer, die derzeit den Rotterdamer Hafen Richtung Großbritannien passieren, Flugblätter verteilt, auf denen auch erklärt wird: Nach dem Brexit Anmeldung über das Portbase-System erforderlich.
Doch noch ist es nicht soweit. Denn wegen des anhaltenden politischen Chaos im britischen Parlament ist der Brexit und sicher dessen Zeitpunkt weiter ungewiss.
Sollte er aber kommen, was zu befürchten ist, dann wird der Export von Waren über den Rotterdamer Hafen auf die britische Insel ein ganzes Stück bürokratischer und zeitraubender. Und umgekehrt. Auch Güter, die von Großbritannien via Rotterdam aufs europäische Festland exportiert werden sollen, unterliegen dann dem gleichen Zoll-Procedere.
Der Brexit, sollte er kommen, das steht jetzt schon fest, wird die Briten und die Festland-Europäer auseinander dividieren. Die Distanz von Rotterdam nach London wird größer.
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