HM-HETZELMEDIA
Von : H.HETZEL, Den Haag
Datum : 12.12.2023
Niederlande/Geert Wilders
Wird Wilders zur männlichen Giorgia Meloni in den Niederlanden ?
Ein Einzelkämpfer mit einer Ein-Mann-Partei will Premierminister der Niederlande werden/Islamkritik und Sozialstaat/Anti-EU und Nationalismus – der Politik-Mix des Geert Wilders
Geert Wilders – eine Biografie
Von HELMUT HETZEL
Den Haag. Seit er am 22. November mit der von ihm gegründeten „Partij voor de Vrijheid“ – Freiheitspartei – die Parlamentswahl in den Niederlanden gewann, steht Geert Wilders im Rampenlicht der nationalen und internationalen Öffentlichkeit. Alle wollen wissen: Wird Wilders neuer niederländischer Ministerpräsident oder nicht? Und: Was können wir von ihm und einer von ihm geführten neuen Haager Koalitionsregierung erwarten? Noch ist nicht klar, ob Wilders im „Torentje,“ dem Türmchen im Haager Parlamentsviertel, von dem aus der Premierminister regiert, Platz nehmen kann. Die Koalitionsverhandlungen sind mühsam. Die politische Lage nach der Wahl ist kompliziert.
Wer ist Geert Wilders? Der 60jährige Wilders, geboren in der limburgischen Grenz- und Karnevalsstadt Venlo direkt an der deutschen Grenze, ist einer der bekanntesten niederländischen Politiker. Er ist der Nestor und damit der am längsten als Volksvertreter dienende Abgeordnete im Haager Parlament. Er wurde von der scheidenden Parlamentspräsidentin Vera Bergkamp für sein 25jähriges Jubiläum als Abgeordneter gerade mit der „Silbernen Kutsche – Zilveren Koetsje“ ausgezeichnet. Wilders war auch der Mentor des seit 13 Jahren amtierenden niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte (56). Salopp formuliert: Rutte lernte das politische Geschäft von Wilders. Beide waren lange Mitglied in der rechtsliberalen Partei VVD, mit der Wilders 2004 brach, weil sie ihm zu links geworden war. Sein großer Förderer und sein großes Vorbild ist die VVD-Koryphäe, der ehemalige EU-Kommissar, Außenhandels- und Verteidigungsminister der Niederlande Frits Bolkestein (90). 2004 trat Wilders aus der VVD-Fraktion aus, blieb im Parlament als Einmannfraktion „Groep Wilders.“
Anfang 2006 gründete er die “Partij voor de Vrijheid PVV.” Die PVV, die nur ein Mitglied hat und das ist Wilders selbst, trat bei den niederländischen Parlamentswahlen am 22. November 2006 erstmals an. Sie erhielt aus dem Stand heraus 5,9 Prozent der Wählerstimmen und damit neun Sitze im 150 Abgeordnete zählenden Haager Parlament.
Im Jahr 2007 wurde Geert Wilders von der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt „Nederlandse Omroep Stichting NOS“ zum „Politiker des Jahres“ gewählt. Begründung: Wilders sei ein Opinion Leader. Er beherrsche die politische Debatte und setze die Themen.
Seine Themen, die er setzte, waren und sind: Die Islamkritik. Die Anti-Flüchtlingspolitik. Die EU-Kritik. Wilders will raus aus der EU und raus aus der Euro-Zone. Er will den Gulden in Holland als Währung wiedereinführen.
Er verherrlicht den Nationalstaat und fördert damit einen neuen Nationalismus.
Dann die Sozialpolitik. In der Sozialpolitik ist der ansonsten rechte Wilders völlig links. Er plädiert für den Ausbau des Gesundheitssystems, die Senkung des Rentenalters auf 65 Jahre, mehr sozialen Wohnungsbau und eine Mietpreisbremse. Diesen politischen Spagat zwischen rechts und links hält Wilders konsequent durch. Das verbindet ihn ideologisch auch mit Sarah Wagenknecht in Deutschland.
Berühmt und berüchtigt aber wurde Geert Wilders durch seine radikale Kritik des Islam. Er fordert die De-Islamisierung der Niederlande, die Schließung von Moscheen, das Verbot des Koran und einmal sogar plädierte er für eine „Kopftuch-Steuer,“ was aber eher ironisch gemeint war. Er will einen Migrations-Stopp – insbesondere für Muslime. Den aber forderte bereits der am 6. Mai 2002 ermordete Volkstribun Pim Fortuyn. In dieser Hinsicht setzt Wilders die Politik und Islamkritik von Pim Fortuyn fort. Doch während Fortuyn den Islam als „eine zurückgebliebene Kultur“ bezeichnete, nennt Wilders den Islam „eine faschistische Ideologie.“ Nach Ansicht von Wilders ist der Islam keine Religion wie etwa das Christentum, das Judentum, der Buddhismus oder der Hinduismus.
Seine radikale Islamkritik des Geert Wilders machte ihm im wahrsten Sinne des Wortes zur Zielscheibe der Islamisten. Zahlreiche Fatwas, um Wilders zu ermorden, wurden von verschiedenen einflussreichen Imamen gegen ihn verhängt.
Seit über zwanzig Jahren wird Wilders rund um die Uhr von Leibwächtern bewacht. Wenn er in die Öffentlichkeit geht, begleiten ihn mindestens sechs Bodyguards. Er trägt immer eine schusssichere Weste. Er muss manchmal in Kasernen schlafen, weil nur dort seine Sicherheit noch gewährleistet kann. Er sieht seine aus Ungarn stammende Frau Krisztina manchmal Wochen lang nicht.
Am 31. Juli 1992 heiratete Geert Wilders in Budapest die Ungarin Krisztina Marfai. Sie ist eine ungarische Diplomatin jüdischer Herkunft. Die beiden haben sich in einem Bistro in Den Haag kennen und lieben gelernt. In der Öffentlichkeit sind sie jetzt so gut wie nie gemeinsam mehr zu sehen. Zu gefährlich. Das Ehepaar Wilders/Marfai hat sich deshalb auch entschieden, keine Kinder zu haben.
Aber die Ehe mit einer Ungarin erklärt auch das besonders enge Verhältnis von Wilders zu Ungarn und den dort amtierenden Regierungschef Victor Orban.
Die radikale Islamkritik des Geert Wilders hat historische und vor allem persönliche Wurzeln. Sie ist keine banale „Hetze“ wie immer wieder behauptet wird. Denn Wilders betont auch: „Ich habe nichts gegen Muslime als Menschen. Ich habe etwas gegen die islamische Ideologie. Die kritisiere ich.“
Die Erfahrung mit dem Islam machte Wilders als 17jähriger in Israel. Er arbeitete dort in einem Kibbuz an der jordanischen Grenze auf einer Plantage, wo Paprikas, Trauben und Zwiebeln angebaut wurden. Stundenlohn damals: fünf Dollar. Wilders musste damals als 17jähriger „Gastarbeiter“ in Israel zusammen mit den Israelis regelmäßig in die Bunker fliehen, wenn islamische Terroristen Israel angegriffen haben.
Er fuhr mit einem ägyptischen Muslim als Guide illegal über die Grenze nach Ägypten. „Kaum hatten wir die Grenze zu Ägypten überschritten, da wurde mein ägyptischer Begleiter zu einem anderen Menschen. Er ließ seinen Hass gegen die Juden freien Lauf,“ berichtet Wilders in einem der wenigen Interviews, die er gibt.
Diese Erfahrungen in Israel und mit dem Islam in Ägypten und anderen islamischen Ländern, die er in seiner Jugend bereiste, haben Wilders maßgeblich geprägt. Sie haben Wilders zu einem Freund Israels gemacht und zu einem Feind des Islam.
Geert Wilders ist das jüngste von vier Kindern einer katholischen Familie. Er wuchs in Venlo, Provinz Limburg, auf und sein limburgischer Dialekt ist heute noch immer zu hören, wenn er spricht.
Sein Vater hatte eine leitende Funktion bei dem Venloer Kopiermaschinenhersteller Océ. Seine Mutter hatte indonesisch-niederländische Wurzeln. Daher isst Wilders gerne die Gerichte der indonesischen Küche, aber er mag auch die griechische und die türkische Küche. Sein niederländisches Leibgericht: Hackfleisch mit viel Sauce, Erbsen, Kartoffeln und Karotten.
Wilders und seine Frau haben zwei Katzen: „Snoetje und Pluisje“ geannt. Für die beiden Katzen hat er die Webseite „Wilderspoezen“ eingerichtet. Eine gute PR für einen Politiker. Die Katzen-Webseite von Wilders hat schon 22.000 Follower.
Wilders ist auch ein Auto-Freak. Wenn er könnte, würde er mit seinem Sportwagen aus deutscher Produktion gerne über eine deutsche Autobahn flitzen, gibt er zu. „Aber das geht derzeit nicht.“ Wilders wirkt, auch im Beisein, seiner Bodyguards, entspannt. Er hat Humor und ist immer zu Scherzen aufgelegt.
International hat sich Wilders bereits bestens positioniert. Er hat enge Bande mit anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa geknüft: Wie mit Marine Le Pens “Rassemblement National,” der deutschen AfD, dem belgischen „Vlaams Belang“ und natürlich mit dem ungarischen „Bürgerbund“ Partei „Fidesz“ seines Freundes Victor Orban und zur italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni und ihrer rechtspopulistisch en „Fratelli d’Italia“ Partei.
Sehr viele Freunde hat Geert Wilders auch in den USA. Dort hält er in den konservativen republikanischen Kreisen regelmäßig Vorträge – und kassiert viel Geld ab. Britische Medien bezeichnen Wilders daher als den „Donald Trump der Niederlande und Europas.“ Aber dieser Vergleich hinkt, wie so viele.
Wilders braucht das Geld aus den USA, nicht für sich selbst, sondern zur Finanzierung seiner Partei PVV. Da die PVV nur ein Mitglied hat, nämlich Wilders, kann sie die niederländische gesetzliche Parteienfinanzierung nicht in Anspruch nehmen. Auch von vermögenden jüdischen Kreisen in den USA und anderswo wird Geert Wilders aktiv und finanziell unterstützt, verlautet aus diplomatischen Kreisen in Den Haag.
Das Ergebnis des jetzt laufenden harten Koalitionspokers um eine neue Regierung in Den Haag wird zeigen, wer Wilders wirklich ist: Ein Wolf im Schafspelz, ein „niederländischer Donald Trump“ oder die männliche Variante der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni, die mehr und mehr zu einer Pragmatikerin wird, je länger sie regiert.
Links:
https://www.welt.de/politik/ausland/article248674014/Niederlande-Geert-Wilders-PVV-wird-staerkste-Kraft-bei-Parlamentswahlen.html
www.hetzelmedia.com
www.helmuthetzel.com
www.haagsche-salon.com
https://nl.wikipedia.org/wiki/Geert_Wilders
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