HM-HETZEL-MEDIA
Von : H. HETZEL
Datum : 24.6.2019
Niederlande/Tourismus
Die Amsterdam-Kolumne
Amsterdam – der gesetzlose Dschungel:
Holländische Hauptstadt verludert/Für Einheimische nicht mehr lebenswert
Von HELMUT HETZEL
Amsterdam. ,,Wir fegen jeden Montagmorgen die Stufen, die zu unserem Haus führen, sauber. Es ist viel Dreck, den die Leute, die übers Wochenende in Amsterdam gefeiert haben, einfach liegen lassen oder einfach hierher werfen. Unsere Treppe fungiert für sie als Abfalleimer. Seit Jahren ist das an jedem Montag für uns ein trauriges Ritual,‘‘ so Hans van Tellingen, ein Wissenschaftler, der auf der einst so noblen Herengracht in Amsterdam wohnt.
In der Seitenstraße, der Utrechtsestraat, bilden sich dann am Montagmorgen schon lange Reihen vor einem Coffeeshop, wo man den Stoff für einen Joint kaufen kann. ,,Bis zu 50 Leute und mehr stehen dort in der Reihe,‘‘ so van Tellingen. ,,Es gibt kein Durchkommen mehr zu den anderen Shops in der Straße. Die Leute kommen nur hierher für den Joint. Wenn sie dann bekifft sind, verhalten sie sich asozial. Sie pinkeln in die Grachten. Sie setzen sich auf die Motorkappen der Autos. Sie fahren manchmal mit 120 Stundenkilometern mit einem Auto durch die Gracht. Oft werden wir von den Kiffern auch bedroht. Alles nur deshalb, weil es hier einen Coffeeshop gibt. Die anderen Läden in der Utrechtsestraat verlieren dadurch Kunden. Der Coffeeshop ist einfach schlecht für unser Stadtviertel, schlecht für uns,‘‘ schreibt er in ,,Elsevier Weekblad – EW.“
Coffeeshops, das ein blasphemischer Name, da dort kein Kaffee, sondern weil dort nur weiche Drogen verkauft werden. Die Coffeeshops sind für Amsterdam inzwischen zu einem Fluch geworden. Es gibt 175 solcher Coffeeshops in der niederländischen Hauptstadt. Sie sind überall. Hans van Tellingen fordert: ,,Schließt sie alle.‘‘
Das ist keine Einzelmeinung. Der Ombudsmann der Stadt Amsterdam, Arre Zuurmond, der eine persönliche Studie über die Zustände in der Amsterdamer Innenstadt machte, stellt fest:
Rechtlosigkeit in Amsterdam
,,In großen Teilen der Amsterdamer Innenstadt, insbesondere dem Rotlichtviertel, herrscht in der Nacht die Rechtlosigkeit. Die Polizei kann das Recht und die Einhaltung der Gesetze nicht mehr durchsetzen. Die Kriminalität regiert.‘‘ Mit diesen Worten beschreibt Arre Zuurmond den nächtlichen Zustand in der niederländischen Hauptstadt. ,,Das Amsterdamer Zentrum wird nachts zum Dschungel. Kriminelle dominieren die Stadt. Schwarzgeld ist überall. Viele Leute erledigen ihre Notdurft auf der Straße. Es wird gestohlen und gedealt. Es wird geschlagen und geschrien. Die Gewalt ist überall. Die Polizei tritt nicht auf,‘‘ hat Arre Zuurmond beobachtet, nachdem er sechs Monate lang im Amsterdamer Rotlichtviertel in einer Mietwohnung lebte.
Es sind vor allem die vielen Touristen, die Amsterdam für die Einheimischen immer ungemütlicher machen – inländische und ausländische Touristen. Im vergangenen Jahr buchte die niederländische Hauptstadt 15 Mio. Übernachtungen, zehn Mal mehr als noch vor zwanzig Jahren und sechzehnmal mehr als die Stadt Einwohner hat. ,,Aus der einst so lebenswerten und liberalen Stadt Amsterdam ist eine kaum mehr lebenswerte und kaum mehr liberale Stadt geworden,‘‘ so Hans van Tellingen.
Ombudsmann Zuurmond vergleicht die heutige Situation in Amsterdam mit der in den 70iger und 80iger Jahren. ,,Damals hat sich das Problemgebiet und der Drogenhandel hauptsächlich auf den Zeedijk im Rotlichtviertel konzentriert. Heute ist fast die gesamte Innenstadt ein Problemgebiet,‘‘ stellt er fest. ,,Damals in den 70iger und 80iger Jahren herrschte in Amsterdam noch eine entspannte Atmosphäre. Heute dagegen ist sie gereizt und aggressiv.‘‘
Amsterdam – der weltberühmte Redlight-District
Amsterdam ist zu einer Art Venedig des Nordens geworden. Total überlaufen. Wegen der schönen Grachten und der besonderen Museen (Rembrandt, van Gogh), ein Mega-Magnet für Touristen aus aller Welt. Aber vor allem wegen seiner vieler Coffeeshops ist Amsterdam der Magnet für alle, die einen Joint rauchen und Drogen einkaufen wollen. Ein Drogen-Mekka eben, das immer mehr verludert. Schade für das schöne Amsterdam, wo einst John Lennon und Yoko Ono ,,Hair peace und bed peace‘‘ predigten und lebten – wenn auch nur eine Woche lang. Aber auch sie rauchten damals schon, 1969, täglich ihren Joint in ihrer Suite im Hilton Hotel an der Appollolaan. Der Drogen-Tourismus nach Amsterdam hat eine lange Tradition.
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