HM-HETZELMEDIA

Von       : H.HETZEL, Den Haag

Datum     : 22.1.2021

Niederlande/Deutschland/Corona-Ausgangssperre

Corona macht´s möglich:

Nazi-Nachtausweis erlebt eine Neuauflage in den Niederlanden:

Ausgangssperre in Holland beschlossen/Schreckliche Erinnerungen an Besatzung durch Nazi-Deutschland werden wach/Der ,,Nachtausweis‘‘ kommt wieder aber in anderer Form/Die Corona-Bürokratie treibt irrwitzige Blüten

Notwendig oder die Hybris?

Von HELMUT HETZEL

Den Haag.  Die Corona-Virus-Pandemie macht das für unmöglich Erachtete in den Niederlanden wieder möglich. Erstmals seit der Besatzung der Niederlande durch Nazi-Deutschland (1940-1945) wird es in Holland ab dem heutigen Samstag wieder eine Ausgangssperre geben. Das hat das christlich-liberale Haager Kabinett unter Ministerpräsident Mark Rutte, das nach seinem Rücktritt in der vergangenen Woche nur noch geschäftsführend im Amt ist, gegen großen Widerstand im Parlament beschlossen. Ab Samstag, den 23. Januar 2021, gilt die Ausgangssperre zwischen 21.00 Uhr abends und 4.30 Uhr morgens. Dann darf in den Niederlanden niemand mehr sein Haus verlassen. Die Ausgangssperre gilt – vorläufig – bis 10. Februar 2021, 4.30 Uhr morgens.

Besonders beladen ist diese Entscheidung dadurch, weil es in den Niederlanden dann wieder einen so genannten ,,Nachtausweis‘‘ geben wird, so wie ihn die Nazis einst in Holland während der Ausgangssperren-Zeit zwischen 1940 und 1945 eingeführt hatten. Nur dieser ,,Nachtausweis‘‘ heißt heute ,,Werkgeversverklaring‘‘ – Arbeitgebererklärung. Das heißt: Ein Arbeitgeber muss in dem neuen ,,Nachtausweis‘‘ á la 2021 erklären, dass jemand aus dringenden beruflichen Gründen während der Sperrstunden zwischen 21.00 Uhr abends und 4.30 Uhr morgens, sein Haus verlassen muss. Nur wer eine solche ,,Arbeitgebererklärung‘‘ hat, darf während der Ausgangssperre sein Haus noch verlassen. Wer die Ausgangssperre bricht, ohne einen solchen neuen ,,Nachtausweis‘‘ zu haben, der muss mit einem Bußgeld von mindestens 95 Euro rechnen.en Haag. Die Corona-Virus-Pandemie macht das für unmöglich Erachtete in den Niederlanden wieder möglich. Erstmals seit der Besatzung der Niederlande durch Nazi-Deutschland 1940-1945.

 

Ausgangssperre in Holland – tote Hose überall

Die Empörung über die Ausgangssperre in den Niederlanden ist groß. Vor allem in den sozialen Medien, in vielen traditionellen Medien, im Parlament. Edwin van Doorn publizierte auf seiner Facebook-Seite den ,,Nachtausweis,‘‘ den sein Großvater während der Zeit der Besatzung der Niederlande durch Nazi-Deutschland bei sich haben musste, wenn er während der Ausgangssperre das Haus verlassen wollte und schreibt dazu: ,,Jetzt ist es wieder soweit.‘‘

Nur: Der Vergleich hinkt, wie viele Vergleiche hinken. Denn die Nazis drohten damals auf jeden zu schießen, der die Ausgangssperre bricht –  oft wurde geschossen, noch bevor die zu kontrollierenden Personen ihren ,,Nachtausweis‘‘ überhaupt zeigen konnten. Anno 2021 gibt es nur ein Bußgeld von 95 Euro gegen einen Sperrstunden-Verstoß, könnte man zynisch bemerken. Geschossen wird nicht. – Noch nicht… Die Ausgangssperre soll schließlich Menschenleben retten und nicht töten, so die Anti-Corona-Strategie.

Kein Mensch mehr zu sehen

Es gibt aber auch Befürworter der Ausgangssperre. Andrew van Esch ist so einer. Der bekannte Haager Projektmanager sagt dazu: ,,Was ist schlimm daran, dass ich nach 21.00 Uhr zuhause bleiben soll. Wenn es hilft und es dazu beiträgt, dass wir das Corona-Virus in den Griff bekommen und ich hoffentlich ab dem Sommer oder Herbst meine Events wieder organisieren kann, dann bleibe ich gerne ab 21.00 Uhr zuhause.‘‘

Aber: Der neue ,,Nachtausweis‘‘ in Corona-Zeiten in den Niederlanden ist ein bürokratisches Monster. Denn man braucht ihn in doppelter Ausfertigung. Einmal in der Ausfertigung, die der Arbeitgeber ausfüllt und unterschreibt, einmal in der Ausfertigung, die der Arbeitnehmer ausfüllt und unterschreibt. Es ist möglich, dies digital oder analog, also in ausgedruckter Form zu tun. Digital in dem man sich auf einer Website registrieren lässt. Analog, in dem man die Formulare ausfüllt, unterschreibt und bei sich in der Jackentasche trägt – für denn Fall, dass man nachts während der Ausgangssperre kontrolliert werden sollte.

Was machen Selbständige? Antwort: Die können beide Formulare selbst ausfüllen. Schließlich sind sie ihr eigener Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Personalunion. Sie aber müssen dann nachweisen können, wer ihre Auftraggeber sind, damit sie die Ausgangssperre brechen können.

Ausgangssperre in den NIederlanden anno 2021 – Das Corona-Virus entregelt die Welt

Bürokratisch ist das alles – praktikabel aber nicht. Was soll ein Journalist oder ein Fotograf/Kameramann machen, wenn, sagen wir um 22.00 Uhr, in Den Haag oder anderswo in den Niederlanden eine Bombe explodiert, was ja ab und an vorkommt, und er oder sie darüber berichten will und vor Ort, also am Tatort, sein möchte nach 21. Uhr.

 

Wetten dass der oder die Journalistin, nicht erst umständlich ein Formular ausfüllt und sich selbst einen Nachtausweis ausstellt, um auch nach der Sperrstunde von 21.00 Uhr sofort zum Tatort fahren zu können. Man/frau fährt einfach hin.

Oder aber, man/frau stellt sich die neuen ,,Nachtausweise‘‘ gleich vorab en masse aus, lässt nur noch das Datum offen, um es dann schnell ausfüllen zu können, wenn etwas passiert und man/frau raus muss, nachdem die Sperrstunde eingetreten ist. 95 Euro sollte man dann aber immer griffbereit in der Tasche haben für alle Fälle.

Hier nun die ersten Erfahrungen mit dem Ausgangsverbot in den Niederlanden,  wie niederländische Medien darüber berichten:

Links:

https://www.ad.nl/dossier-avondklok/live-avondklok-van-kracht-in-nederland-politie-deelt-eerste-boetes-uit-aan-demonstranten-in-rotterdam~a3df1791/

https://www.telegraaf.nl/nieuws/1424663225/eerste-avondklok-in-ruim-75-jaar-zo-is-het-op-straat-in-nederland

 

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