HM-HETZELMEDIA
08.01.2022
Die Haager Kolumne
Holland und der Euro in Not: Inflation steigt auf 6,4 Prozent/Europäische Zentralbank ist gefordert/Euro in Gefahr
Von HELMUT HETZEL
Den Haag. Sie ist wieder da, die Inflation. Überall in der Welt steigen die Preise. Vor allem die Preise für Energie. Aber auch für Nahrungsmittel. Die globalen Lieferketten funktionieren nicht mehr richtig. Die Corona-Pandemie hat sie unterbrochen. Der Mangel an den Märkten lässt die Preise steigen. Und wie. Die Inflation galoppiert. Das Geld wird immer weniger wert. Wer in den Niederlanden im November letzten Jahres noch 100 Euro auf dem Konto hatte, der hat nun nur noch 93,60 Euro. Denn die Inflationsrate in den Niederlanden betrug im letzten Monat des vergangenen Jahres satte 6,4 %. Das meldet das regierungsamtliche Statistikamt ´´Centraal Bureau voor de Statistiek (CBS)´´ gerade. Es ist die höchste Inflationsrate in den Niederlanden seit 40 Jahren. Viele Menschen seufzen. Sie klagen: Ich kann mir den Kaffee nicht mehr leisten. Oder: Ich kann meine Strom- und Gasrechnung nicht mehr bezahlen.
Allein die Energiepreise stiegen in den Niederlanden im vergangenen Jahr um 26 Prozent.
Die Niederlande sind ein Euroland und daher kein Einzelfall. Holland gehört zur Eurozone, ist eines der 20 Länder die die vor 20 Jahren eingeführte europäische Einheitswährung Euro als Zahlungsmittel haben.
Nun galoppiert die Inflation in der Eurozone:
Spitzenreiter in der Eurozone ist Estland mit 12 Prozent Inflation. In Spanien beträgt die Inflationsrate 6,7 %, in Belgien 6,5 %, in Deutschland 5,7 %, in Luxemburg 5,4 %, in Österreich beträgt die Geldentwertung derzeit 4,3 %. In der gesamten Eurozone stiegen die Preise im vergangenen Monat um 5 %, so Eurostat, das Statistische Amt der EU.
Das alles sind Alarmsignale.
Sogar im Hafen der monetären und geldpolitischen Stabilität, der Schweiz, die nicht zur Eurozone gehört, schoss die Inflationsrate des Schweizer Franken im Dezember 2021 auf 1,5 Prozent. Zum Vergleich: Anfang des Jahres 2021 lag sie in der Schweiz noch bei 0,1 %.
Die neue Inflationswelle ist also ein währungsübergreifendes Phänomen. In den USA liegt sie schon nahe sieben Prozent. In der Türkei beträgt sie laut offiziellen Angaben sogar 38 %.
Wer diese Signale und Daten nicht wahrnimmt, der ist blind. Wer diese hohen Inflationsraten ignoriert und nichts dagegen tut, der handelt fahrlässig.
Wer aufgrund seines Mandats und seines Amtes nicht gegen die sich nun abzeichnende galoppierende Inflation in der Eurozone einschreitet, handelt verantwortungslos, bricht geltende Verträge, macht sich möglicherweise strafbar.
Wer jetzt gefordert ist, das ist die amtierende Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) Christine Lagarde. Die 66jährige Französin muss nun endlich handeln. Sie muss den aufkeimenden Inflationsspuk in der Eurozone entschieden bekämpfen. Und das geht nur über Zinserhöhungen. Die EZB muss ihre Politik des billigen Geldes und des Aufkaufs von Staatsanleihen von hochverschuldeten Ländern der Eurozone beenden. Nicht morgen, sondern sofort.
Besser jetzt als nie.
Die EZB darf es nicht soweit kommen lassen, dass sich in der Eurozone die bekannte Lohn-Preis-Spirale entwickelt, mit der die Inflation immer höher steigt. Wehret den Anfängen, muss die Devise lauten.
Aber Frau Lagarde, die gerne teure Chanel-Jacken trägt, die pro Jacke bis zu 30.000 Euro kosten und sich mit einem steuerfreien Jahresgehalt von 485.579 Euro nicht um jeden Cent scheren muss, sie kann aus persönlicher Sicht die Inflation einfach ignorieren. Ob sie jetzt 485.579 Euro oder bei der derzeitigen Inflation von 6,4 % ´´nur noch´´ 454.502 Euro verdient, das lässt sie nicht am Hungertuch nagen.
Aber die EZB-Präsidentin verfolgt ein politisches Programm, das durch das Mandat der EZB überhaupt nicht gedeckt ist. Denn die EZB ist laut Statuten dazu verpflichtet, die Geldwertstabilität in der Eurozone zu garantieren. Im Klartext: Die Inflation zu bekämpfen. Das tut die EZB aber nicht.
Die Inflation ist da. Die EZB tut nichts. Schlimmer noch. EZB-Präsidentin Lagarde kündige sogar an, dass sie die expansive Geldpolitik und das exzessive Aufkaufprogramm von Staatsanleihen hochverschuldeter vor allem südeuropäischer Euro-Länder – inklusive Frankreichs – das ganze Jahr 2022 noch fortführen will. Motto: Wir machen weiter so ! – Kopf in den Sand. Verantwortungslos.
Damit heizt die EZB die Inflation weiter an, anstatt sie zu bekämpfen, was eigentlich ihr Auftrag ist.
Es zeigt sich: Frau Lagarde ist die falsche Frau am falschen Platz. Sie ist dabei, den Euro zu ruinieren, 20 Jahre nach dessen Einführung, weil sie ihn so weich macht wie einen französischen Camembert, in dem sie die Inflation zulässt.
Beispiel: Nach der Euro-Einführung vor 20 Jahren erhielt man beim Tausch eines Euro in Schweizer Franken bis zu 1,70 Franken. Heute bekommt man für einen Euro noch gerade 1,03 Schweizer Franken. Sogar gegenüber dem thailändischen Baht hat der Euro in den letzten 20 Jahren rund ein Drittel seines Wertes verloren.
Nun droht der totale Absturz des Euro. Er wird kommen, wenn Frau Lagarde und die EZB nicht endlich Stabilitätspolitik betreiben und die Inflation mit Zinserhöhungen bekämpfen, anstatt die Schulden der südeuropäischen Euro-Länder mit immer neuen Aufkäufen von deren Staatsanleihen zu finanzieren, was gegen das Mandat der EZB verstößt.
Frau Lagarde: Es ist kurz vor Zwölf, aber noch nicht zu spät. Handeln Sie.
Links:
https://www.nzz.ch/wirtschaft/inflation-in-deutschland-steigt-auf-53-prozent-nzz-ld.1663422
https://www.youtube.com/watch?v=uhNPTzImu08
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/inflation-161.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Euro
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