HM-HETZELMEDIA

Von       : H.HETZEL, Den Haag

Datum     : 8.8.2024

Niederlande/Asyl

Die neue harte Asylpolitik wird in den Niederlanden ausgeführt/Armenische Familie soll abgeschoben werden/Illegaler Aufenthalt/Heftige Kontroverse/Höchstes Gericht hat entschieden

Von HELMUT HETZEL

Den Haag. In den Niederlanden weht ein anderer politischer Wind. Seit die rechts-konservative Regierung unter dem parteilosen Premierminister Dick Schoof im Juli angetreten ist, werden Asylbewerber, deren Asylgesuch abgelehnt wurde, rigoros abgeschoben.

Nun hat das höchste Gericht der Niederlande, der „Raad van State,“ letztinstanzlich entschieden, dass eine armenische Familie keinen Anspruch auf eine Aufenthaltsgenehmigung in den Niederlanden hat. Sie lebe illegal in den Niederlanden.

Gegen die nun auch von höchster richterlicher Instanz beschlossene Abschiebung der Armenier regen sich heftige Proteste. Sie kommen vor allem aus grün-linken Kreisen. Es läuft eine große Unterschriftenaktion mit der gefordert wird, dass die Armenier bleiben dürfen. Es gab in Amsterdam sogar eine Solidaritätsdemo für die Armenier.

Die Wortführerin der Proteste gegen die Abschiebung der Armenier ist die Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema.

Femke Halsema, Bürgermeisterin von Amsterdam (Grüne / Groen Links)

Femke Halsema, die grüne Bürgermeisterin von Amsterdam, ärgert sich über das letztinsetanzliche Urteil, das die Abschiebung anordnet.

Halsema hält das Urteil für „hartherzig“ und „unmenschlich.“ Sie will, dass die Haager Regierung das Gerichtsurteil ignoriert und die Abschiebung nicht durchführt.

Doch die neue Ministerin für Asylfragen und Migration, Marjolein Faber, will hart bleiben. „Wir leben in einem Rechtsstaat. Das Urteil des obersten Gerichts muss respektiert und ausgeführt werden,“ meint die Ministerin, die der rechtspopulistischen Freiheitspartei PVV von Geert Wilders angehört. Sie will die Armenier in ihr Heimatland abschieben.

 

Ministerin für Asyl und Migration Marjolein Faber (PVV) – hier nach ihrer Vereidigung durch König Willem-Alexander, bleibt hart

 

Wilders hatte schon während der Regierungsbildung angekündigt, dass die Niederlande das „härteste Asylrecht“ mit dieser rechts-konservativen Regierung haben werden.

 

Geert Wilders, Gründer, Vorsitzender und einziges Mitglied der rechspopulistischen Freiheitspartei PVV

Sohn Mikael in Amsterdam geboren

Der Fall der bevorstehenden Abschiebung der armenischen Familie erregt die Gemüter in den Niederlanden deshalb so sehr, weil die Armenierin Gohar Matosyan, die vor 13 Jahren mit ihrem Mann in die Niederlande flüchtete, einen Sohn hier geboren hat. Sein Name: Mikael.

Der elfjährige Mikael ist in Amsterdam geboren, besucht dort die Grundschule, spricht fließend Niederländisch und war noch nie in Armenien, dem Heimatland seiner Eltern, die inzwischen getrennt leben. In dem heftigen Streit um die Abschiebung der armenischen Familie spielt Michael eine Hauptrolle. Er gibt TV-Interviews und sagt immer, dass er hierbleiben will. „Ich war noch nie in Armenien. Ich spreche die Sprache nicht,“ behauptet er. „Man könnte mich ja auch in den Sudan abschieben. Das Land kenne ich auch nicht. Ich finde es fantastisch, dass so viele Leute für mich und meine Mutter demonstrieren.“

Seine Mutter fordert in Interviews „ein Kinderpardon“ für ihren Sohn Mikael. Sie widerspricht der vielgehörten These, sie sei nur deshalb schwanger geworden, um durch die Geburt ihres Kindes in Amsterdam, in den Niederlanden bleiben zu können. „Dass ich schwanger geworden bin, das ist ein Geschenk Gottes. Ich war damals schon 44 Jahre alt, als ich mit Mikael schwanger wurde,“ sagt sie.

Heftiger Streit um Abschiebung

Der Streit um die Abschiebung der armenischen Familie und vor allem um die Abschiebung des in Amsterdam geborenen elfjährigen Mikael tobt auch in den Medien heftig. Die Zeitung „Algemeen Dagblad AD“ fordert in einem Leitartikel, dass die Armenier in den Niederlanden bleiben dürfen und dass für sie eine Ausnahme gemacht wird, denn es werde „ein juristischer Streit auf dem Rücken eines Kindes ausgetragen,“ so argumentiert das AD.

Das Nachrichtenmagzin „EW-Magazine“ fordert dagegen die Einhaltung des Rechtsstaatsprinzips und plädiert für die Abschiebung.

„Der Raad van State ist die höchste rechtsprechende Instanz in den Niederlanden. In einem Rechtsstaat sollten die Urteile des höchsten Gerichts daher selbstverständlich akzeptiert und ausgeführt werden. Angesichts des Prinzips der Gewaltenteilung wäre es völlig ungewöhnlich, wenn Politiker und Regierungsvertreter öffentlich die juristischen Urteile des Raad van State in Frage stellen würden,“ heißt es im „EW-Magazine.“

Die Asylgeschichte

Die Asylgeschichte der Armenier begann im Jahr 2010. Damals kam Gohar Matosyan mit ihrem Mann aus Armenien in die Niederlande in der Hoffnung auf ein angenehmeres Leben. Aber sie erhielen keine Aufenthaltsgenehmigung und kein Asyl. Sie hätten daher wieder ihre Koffer packen müssen. Das taten sie aber nicht. Sie blieben de jure illegal in den Niederlanden. Gohar bekam sogar ein Kind, den mittlerweile elfjährigen Mikael.

 

Die neue rechts-konservative Haager Regierung des partgeilosen Ministerpräsidenten Dick Schoof nach ihrer Vereidigung von König Willem-Alexamder, Juli 2024

Dann als Mutter berief sich Gohar Matosyan auf eine Regelung für langfristig in den Niederlanden lebende Kinder. Ihr Antrag wurde von der Einwanderungs- und Einbürgerungsbehörde (IND) abgelehnt. Aber in einem Berufungsverfahren von einem Gericht in Amsterdam bekam sie Recht. Dagegen klagte der ehemalige Staatssekretär für Asylfragen und Migration Eric van der Burg von der rechtsliberalen VVD. Er legte Berufung gegen das Amsteramer Urteil  ein. Nun hat der „Raad van State“ letztinstanzlich entschieden: Abschiebung.

Armenien gilt in den Niederlanden als sicheres Herkunftsland. Das war der Hauptgrund, warum der Asylantrag der armenischen Familie abgelehnt wurde.

 

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Dick Schoof, der neue, parteilose Ministerpräsident der Niederlande

 

 

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