HM-HETZELMEDIA-DEN HAAG

Datum     : 17.4.2019

Niederlande/Prostitution

Die neue Prüderie in Holland:

Bürgerinitiative: Sex gegen Bezahlung soll strafbar werden/ Von Al Jazeera inspiriert zum Prostitutionsverbot

Von HELMUT HETZEL

Den Haag. ,,Ich bin unbezahlbar.‘‘ Unter diesem Motto haben niederländische Jugendliche eine Bürgerinitiative namens ,,Exxpose‘‘ gegründet. Sie hat zum Ziel, Sex gegen Bezahlung strafbar zu machen und die Prostitution in den Niederlanden zu verbieten. Die Bürgerinitiative gegen die in den Niederladen legale Prostitution sammelte inzwischen 40.000 Unterschriften, die im Haager Parlament abgegeben wurden. Dort prüft man nun, ob die Petition ausreicht, um eine Debatte zu dem Thema in der  Volksvertretung auf die Agenda zu setzen. Die Bürgerinitiative ,, Exxpose -Ich bin unbezahlbar‘‘ ist ein buntes und gemischtes Konglomerat, das hauptsächlich aus Feministinnen und streng calvinistischen Christen besteht. Sie ließ sich nach eigenen Angaben vom arabischen TV-Sender Al Jazeera zu ihrer Aktion gegen die Prostitution inspirieren. ,,Indem man Prostitution legalisiert normalisiert der Staat die Käuflichkeit von Sex,‘‘ meint Willemijn de Jong, eine Initiatorin der Bürgerinitiative gegen Prostitution. ,,Wir wollen mit unserer Initiative erreichen, dass das Thema Prostitution im Parlament diskutiert wird.‘‘ Frau de Jong räumt auch ein, dass die Bürgerinitiative gegen den käuflichen Sex vom arabischen Sender ,,Al Jazeera‘‘ inspiriert wurde. Al Jazeera hatte in einer Reportage die legale Prostitution in den Niederlanden dargestellt und scharf kritisiert, insbesondere im weltberühmten Amsterdamer Rotlichtviertel, wo viele Frauen ihre sexuellen Dienste gegen Bezahlung anbieten. Das Amsterdamer Rotlichtviertel, von den Niederländern ,,de Wallen‘‘ genannt ist eine der größten Touristenattraktionen der niederländischen Hauptstadt. Der dortige Erotik- und Sextempel ,,Casa Rosso‘‘ feiert in diesem Jahr sein 50jähriges Jubiläum. Dort findet jeden Abend Live-Sex auf der Bühne statt.

 

 

Unterschiedliche Reaktionen

Die Reaktionen auf die Aktion der Bürgerinitiative ,,Exxpose‘‘ gegen den käuflichen Sex sind sehr unterschiedlich:

Society Service – Der High Class-Escort Service der Niederlande

,,Als Eigentümerin eines völlig legalen Escortservice (Society Service) bin ich gegen diese Bürgerinitiative, die danach strebt, legale Sexarbeit unmöglich zu machen. Jetzt können Sexarbeiter/innen ihre Tätigkeit unter guten Bedingungen ausüben. Nicht nur in meinem Unternehmen. Einen Escortservice kann man nicht so einfach gründen. Dafür braucht man eine Genehmigung. Die aber erhält man erst nach einer gründlichen Prüfung durch die dafür zuständigen staatlichen Behörden. Das ist der so genannte ,,Bibob-Test.‘‘ Darin wird geprüft, ob der Antragsteller integer ist. Auch wenn man den Bibob-Test erfolgreich abgelegt hat, gibt es regelmäßige Überprüfungen durch den Staat. So werden Missstände in der Branche vermieden, werden die Sexarbeiter/innen beschützt. Außerdem erhalten die Sexarbeiter/innen ein großes Angebot von staatlicher Hilfe, das sie beanspruchen können, falls dies nötig sein sollte. Wenn das alles wegfallen würde, wäre das sehr nachteilig für die Sexarbeiter/innen, die dann höchstwahrscheinlich in die Illegalität abtauchen. Nur die Zahl der ,,sichtbaren‘‘ Sexarbeiter/innen würde bei einem Prostitutionsverbot abnehmen, nicht aber die Zahl, derjenigen, die den ältesten Beruf der Welt auch weiterhin ausüben werden,‘‘ sagt Marike van der Velden, Direktorin des von ihr gegründeten Escortbüros ,,Society Service im Gespräch mit HM-HETZELMEDIA.

 

Marike van der Velden – gründete den Society Service

www.societyservice.com

Beim ,,Society Service‘‘ kann ein Kunde oder eine Kundin sowohl Frauen als auch Männer für einen Escort buchen. Der ,,Gigolo-Service,‘‘ bei dem Frauen einen Mann für einen Escort buchen, floriert nach Angaben von Marike van der Velden ,,sehr gut.‘‘

Calvinisten für Verbot der Prostitution

Der Vorsitzende der in der Haager Koalition mitregierenden streng calvinistischen Christen Union (CU), Gert-Jan Segers, dagegen begrüßt die Initiative zum Verbot der Prostitution. Auf Initiative der CU wurde in den Niederlanden bereits ein neues Gesetz erlassen, das die Zuhälterei verbietet. ,,Das ist ein Schritt in die richtige Richtung,‘‘ meint die Feministin Willemijn de Jong. Ihr schwebt die Einführung des ,,schwedischen Modells‘‘ in den Niederlanden vor. Sie will auch in den Niederlanden den Besuch einer weiblichen Prostituierten durch einen Freier unter Strafe stellen, so wie das in Schweden schon der Fall ist. Dass es aber auch eine Prostitution von Männern gibt, das ignoriert Frau de Jong.

 

,,Das Kriminalisieren der Prostitution ist keine Lösung,‘‘ meint dagegen Achraf Bouali, Abgeordneter der ebenfalls in Den Haag mitregierenden linksliberalen Partei ,,Demokraten ´66 (D´66). ,,Wir müssen die Ursachen der Prostitution bekämpfen wie Armut und Ausbeutung.‘‘

Die neue Prüderie in Holland

Die Bürgerinitiative ,,Exxpose‘‘ ist aber auch Ausdruck einer neuen Prüderie, die sich in den Niederlanden immer mehr ausbreitet. Das einst so tolerante, weltoffene und softe Holland hat sich in den vergangenen zwei  Jahrzehnten enorm gewandelt. Die niederländische Gesellschaft ist konservativer, geschlossener und härter geworden.

Sie ist stark polarisiert zwischen links und rechts. Die einst großen Volksparteien wie Christdemokraten (CDA) und sozialdemokratische Arbeiterpartei (PvdA) sind zu Splitterparteien geworden.

Die neue Prüderie grassiert vor allem unter Jugendlichen in den Niederlanden. So berichten Lehrer, dass sich Schüler nach dem gemeinsamen Sport nicht mehr zusammen nackt unter die Dusche stellen wollen, obwohl nach wie vor zwischen Mädchen und Buben getrennt geduscht wird. Die Jungs behielten beim Duschen jetzt immer öfter ihre Boxershorts an, die Mädchen ihre Slips. Man wolle sich nicht mehr nackt gegenüber den Klassenkameraden/innen zeigen.

Links:

www.helmuthetzel.com

www.hetzelmedia.com

www.haagsche-salon.com

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