HM-HETZELMEDIA
Von : H.HETZEL, Den Haag
Datum : 3.1.2025

Niederlande/Nato/Mark Rutte

Der besondere Stil des neuen Nato-Generalsekretärs Mark Rutte / Sicherheitbeamte bekommen Herzklopfen/Jovialer Umgang mit den Mitarbeitern – aber klare Kante in der Verteidigungsstrategie

Von HELMUT HETZEL

Brüssel/Den Haag. Seit dem 1. Oktober vergangenen Jahres ist der Niederländer Mark Rutte (57) neuer Nato-Generalsekretär. Er löste den Norweger Jens Stoltenberg an der politischen Spitze des westlichen Verteidigungsbündnisses ab.

Erste Reaktionen aus Nato-Kreisen zeigen: Man ist sehr positiv gestimmt über den Niederländer Rutte und dessen sehr offenen und jovialen Amtsstil, der sich von der eher präsidialen Art des Norwegers Stoltenberg sehr abhebt. Positiv, wie aus dem Brüsseler-Nato-Hauptquartier zu hören ist.
Nur die Sicherheitskräfte haben seit Rutte im Amt ist, einen viel höheren Pulsschlag und permantes Herzklopfen, weil Rutte sogar als Nato-Generalsekretär versucht, einigermaßen „normal“ zu leben. Das tat er als langjähriger niederländischer Ministerpräsident auch. Er fuhr jeden Morgen mit dem Fahrrad von seiner Wohnung im Haag Stadtteil „Benoordenhout“ zu seinem Amtssitz im Haager Regierungsviertel. Ohne Bodyguards.

Der Niederländer Mark Rutte -als Nato-Generalsekretär der politische Chef und Koordinator der westlichen Verteidiungsallianz Nato – seit dem 1. Oktober 2024

Wie sehen die Nato-Mitarbeiter ihren neuen obersten Chef, den Generalsekretär, den sie intern nur SG nennen?

Das beschreibt ein Journalisten-Team der Zeitung „Algemeen Dagblad AD.“ Es erhielt exklusiv das Recht, Rutte in seinen ersten drei Monaten in Brüssel auf Schritt und Tritt zu begleiten.

„Der Generalsekretär ist wie ein Gott“, sagt ein hoher Diplomat. Wenn der „SG“ morgens zum Hauptquartier in Brüssel gefahren wird, öffnen sich sofort die Schranken und alle Türen. Geht er durchs Gebäude, ist stets eine Entourage von Assistenten um ihn herum. Wenn er sich überhaupt durchs Gebäude bewegt – Jens Stoltenberg, der Norweger, der die letzten zehn Jahre SG war, arbeitete viel von seinem Büro aus.
Mark Rutte dagegen läuft oft durch die Flure. Er besucht regelmäßig Mitarbeiter,“ berichtet das AD-Team.

Rutte ist anders: „Sie haben in Brüssel jetzt einen „Gott mit Zugangskarte. Rutte läuft allein durch das Gebäude, ohne eine Schar von Mitarbeitern. „Good morning, how are you?“ begrüßt er die Mitarbeiter.

 

Mark Rutte, Generalsekretär der Nato seit 1. Oktober 2024

Der neue Generalsekretär hat seinen eigenen Stil

Er hat seinen lockeren Haager Stil mit nach Brüssel genommen. Das konnte eine rumänische Delegation erfahren. Sie kam aus Bukarest nach Brüssel für eine Lagebesprechung zur Situation am Schwarzen Meer. Auf dem Weg vom Brüsseler Flughafen Zaventem zum Nato-Hauptquartier trafen sie am Brüssel-Hauptbahnhof plötzlich auf einen Mann, den sie erkannten. Die Rumänen wunderten sich. Das kann doch nicht sein? Sie sprachen ihn an: „Sie sind doch der neue Nato-Generalsekretär?“ „Ja, das bin ich,“ antwortete Rutte. Und Sie?“ Rutte wollte sofort alles von den Gästen aus Rumänien wissen. Und tatsächlich: Der höchste Nato-Chef war zur Verblüffung der Rumänen mit dem Zug aus Den Haag nach Brüssel gereist. Das war allerdings noch kurz vor seinem Amtsantritt.

„In seiner ersten Woche bei der Nato in Brüssel lief Rutte kreuz quer durch das Nato-Gebäude und klopfte an viele Türen. Er fragte die Leute, was sie machen. So betrat er auch einen Raum mit Praktikanten. Da stellte er fest: Auch sie hatten – wie er – am 1. Oktober bei der Nato begonnen. „Lassen Sie uns in ein paar Wochen nochmal treffen, bei mir im Büro, um Erfahrungen auszutauschen“, schlug er vor.

Die Sicherheitskräfte waren geschockt: Denn Praktikanten haben keine Sicherheitsfreigabe. Sie dürfen das Büro des Generalsekretärs nicht betreten,“ weiß das AD.

So ist Mark Rutte. Zugänglich, unkompliziert, offen. Das war er auch in seiner fast 14jährigen Amtszeit als niederländischer Premierminister immer. Er trank regelmäßig mit seinem eben verstorbenen Freund René Bom, der sich Nachtbürgermeister von Den Haag nannte, eine Tasse Café in der Haager Innenstadt. Er tauchte spät abends oft in Haager Szene-Kneipen auf. Meist allein, im Sommer mit Jeans im weißem Hemd, die oberen zwei Knöpfe offen. Jeder konnte mit dem Regierungschef der Niederlande schnell ins Gespräch kommen.

Diesen Stil lebt Rutte nun auch in Brüssel und im Nato-Hauptquartier – soweit dies möglich ist. Es ist sein Stil, es ist der Rutte-Stil.

„Es mag trivial klingen,“ meint ein Nato-Diplomat, aber die 180-Grad-Wende im Führungsstil von Rutte belebt die Organisation. „He took the alliance by storm“, sagt ein anderer. Frei übersetzt: Rutte hat die Organisation im Sturm erobert.

Klar ist: Der Niederländer möchte die Umgangsformen im riesigen Hauptquartier am Rande Brüssels entspannter und zugleich inhaltlich substanzieller machen.

 

Mark Rutte, Nato-Generalsekretär seit 1. Oktober 2024  und fast 14 Jahre Ministerpräsident der Niederlande©RVD – Valerie Kuypers en Martijn Beekman

 

Die Nato-Sitzungen

Ein Beispiel: Die Sitzungen des Nordatlantikrats, der aus den Botschaftern der 32 Mitgliedsstaaten besteht. Diese haben mit ihren Teams einen eigenen Bereich im Nato-Gebäude und treffen sich zweimal wöchentlich. Die Sitzungen verlaufen sehr formell. Die meisten Botschafter lesen die Anweisungen wörtlich vor, die sie aus ihrer Hauptstädten erhalten haben.

Stoltenberg eröffnete die Sitzungen mit vorbereiteten Texten. Er gab den 32 Botschaftern der Reihe nach das Wort und reagierte nie auf das Gesagte.

Rutte hingegen führte als Vorsitzender der Sitzungen eine ganz andere Dynamik ein. Er reagiert auf Beiträge, stellt Fragen – oft provokante – und macht auch mal Witze. Was genau gesagt wird, bleibt geheim. Das ist Nato-Regel.

Doch klar ist: Rutte bringt frischen Wind in die Beratungen. Auch bei den Treffen der Verteidigungs- und Außenminister, die er inzwischen geleitet hat, ermutigte er die Teilnehmer während des Abendessens ausdrücklich, nicht vorbereitete Texten abzulesen: „Speak from your heart,“ ermutigte er sie, so das AD.

Wer ihn kennt weiß, Mark Rutte pflegt einen menschlichen Führungsstil. Denn Rutte ist ein großer Kommunikator.
Wenn er merkt, dass etwas nicht stimmt, greift er sofort zum Telefon, um die Angelenheit persönlich zu besprechen.

Stoltenberg dagegen hatte ein kleines, exklusives Team, das direkten Zugang zu ihm hatte, während selbst hochrangige Diplomaten „um Erlaubnis bitten“ mussten, um ihn zu sehen. Bei Rutte stehen die Türen offen.

Außenpolitisch zeigt sich Rutte als aktiver Brückenbauer und zeigt er klare Kante. In den ersten Monaten seiner Amtszeit besuchte er zahlreiche Nato-Länder, darunter schwierige Partner wie Erdogan in der Türkei und Macron in Frankreich. Nach dem Wahlsieg von Donald Trump erklärte Rutte: „Sobald ich in Mar-a-Lago willkommen bin, steige ich ins Flugzeug.“

Zu Donald Trump, der am 20. Januar wieder US-Präsident sein wird, hat Rutte einen guten Draht.
Während seines Besuchs im Weißen Haus in Trumps erster Amtszeit, widersprach er den US-Präsidenten vor laufenden TV-Kamaras. Trump akzeptierte den Widerspruch und sagte nach seinem Treffen mit Rutte: „I like this guy“ – Ich mag diesen Kerl.

Inhaltlich setzt Rutte klare Akzente. Er warnte in seiner ersten großen Rede vor der „Achse des Bösen“ – Russland, China, Iran und Nordkorea. Er warnte davor und plädierte dafür, dass die westlichen Länder auf eine „Kriegsmentalität“ umschalten müssen, um den wachsenden Bedrohungen durch Russland, China, Nordkorea und Iran zu begegnen.

Klare Kante

Klare Kante zeigt Rutte auch in Bezug auf den Krieg in der Ukraine. Er betont, dass es sich dabei nicht nur um einen europäischen Konflikt handele, sondern um eine globale Herausforderung. „Wenn wir eine Einigung über die Ukraine erzielen, muss es eine gute Einigung sein. Wir können es uns nicht leisten, dass Putin (Russland), Xi (China) und Kim (Nord-Korea) sich gegenseitig abklatschen, sich die „high five“ geben, wie Rutte wörtlich sagte.

Denn das wäre nach Ansicht von Rutte langfristig eine ernsthafte Bedrohung – nicht nur für Europa, sondern auch für die USA.“

Mark Rutte bleibt auch als Nato-Generalsekretär seinem bescheidenen und offenen Stil treu. In Den Haag lebte er in einem kleinen Appartement – aber in einem guten Stadtviertel.

Seine 22-Zimmer-Residenz im „Milliardärsviertel“ von Brüssel, die ihm zur Verfügung steht, nutzt er bisher lediglich für offizielle Empfänge. Stattdessen soll er eine private Wohnung in Brüssel gemietet haben – wo genau, bleibt aus Sicherheitsgründen geheim. Aber auch das ist typisch Rutte. Aber auch das lässt den Puls der Sicherheitsbeamten schneller schlagen.

 

Die Zeiten sind vorbei, in denen Mark Rutte als niederländischer Premierminister noch mit dem Fahrrad zum Regierungssitz in Den Haag radeln konnte- Jetzt gilt für ihn Sicherheitsstufe eins bei der Nato

 

Nur mit dem Fahrrad/Velo ist der neue Nato-Generalsekretär in Brüssel nicht unterwegs, sondern in einer gepanzerten Limousine.

 

Links:

https://www.nato.int/nato-welcome/index_de.html

https://www.nato.int/

https://de.wikipedia.org/wiki/NATO

 

 

Die 32 Nato-Mitgliedsländer in der Welt – in blau

www.helmuthetzel.com
www.hetzelmedia.com
www.haagsche-salon.com

 

Mit dem ehemaligen niederländischen Premierminister und neuen Nato-Generalsekretär Mark Rutte im Internationalen Pressezentrum Nieuwspoort, Den Haag im Mai 2024

/ Textende / Copyright © by HELMUT HETZEL / Den Haag