HM-HETZELMEDIA
Datum : 23.11.2023
Niederlande/Wahl
Radikaler Rechtsruck in den Niederlanden
Freiheitspartei von Geert Wilders der große Wahlsieger/Schwierige Koalitionsverhandlungen/Klare Botschaft der niederländischen Wähler
Von HELMUT HETZEL
Den Haag. Die Niederländer sind am Donnerstagmorgen in einem anderen Land aufgewacht. Denn nach der vorgezogenen Parlamentswahl vom Mittwoch steht fest: Die politische Landschaft ist eine völlig andere geworden. Der Islamkritiker und Rechtpopulist Geert Wilders (60) und seine Freiheitspartei PVV sind der große Wahlsieger.
Die PVV wird nach Auszählung von 98 Prozent der Stimmen 37 der insgesamt 150 Parlamentssitze besetzen können, noch zwei Mandate mehr als in den ersten Hochrechnungen von Mittwochabend. Jeder vierte Wähler gab Geert Wilders und der PVV seine Stimme. Die Botschaft der meisten niederländischen Wähler mit ihrem Votum für Wilders ist klar. Sie lautet: Migrationsstopp, der Islam gehört nicht zu den Niederlanden und: Wir stehen hinter Israel. Denn Geert Wilders ist ein Freund Israels, hat als Jugendlicher in einem Kibbuz gelebt und gearbeitet und unterstützt Israel im Krieg gegen die Hamas voll und ganz.
Mit 25 Prozent der Stimmen liegen Wilders und die PVV nach dieser historischen Wahle meilenweit vor dem grün-linken Parteibündnis aus Sozialdemokraten PvdA und Grünen GL, das von Ex-EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans angeführt wurde. Die grün-linke Fusionspartei GL/PvdA erhielt nur 16,6 % der Stimmen und wird demnach nur 25 Abgeordnete stellen. Großer Wahlverlierer ist die seit 13 Jahre unter Führung des scheidenden Ministerpräsidenten Mark Rutte (56) regierende rechtsliberale Partei für Freiheit und Demokratie VVD und deren Spitzenkandidatin Dilan Yesilgöz (46). Sie verlor zehn Sitze und wird nur noch 24 Abgeordneten im neu gewählten 150köpfigen Haager Parlament stellen. Die VVD bekam nur noch rund 13 % der Wählerstimmen.
Dilan Yeşilgöz-Zegerius _ Rijksoverheid.nl
Wilders hat seinen grandiosen Wahlsieg auch ein wenig einem großen strategischen Fehler der VVD-Kandidatin Dilan Yesilgöz zu verdanken. Denn sie machte Wilders zu Beginn des Wahlkampfes salonfähig, indem sie erklärte, sie schließe nicht aus, nach der Wahl mit Wilders und dessen Freiheitspartei PVV zu koalieren. Der scheidende VVD-Ministerpräsident Mark Rutte lehnte eine Koalition mit Wilders immer ab.
Wilders nahm diese Steilvorlage von Yesilgöz an, stellte seinen Wahlkampf darauf ein, wurde mild, sprach wie ein Staatsmann, stellte die Islamkritik hinten an und konzentrierte sich auf die Themen, die vielen Niederländern auf den Nägeln brennen: Die Migration, die Wohnungsnot, die soziale Sicherheit und den Ausbau des Sozialstaates. Das sprach viele Wähler an. Jetzt will Wilders der „Premier aller Niederländer“ werden. Er rief die anderen Parteien dazu auf mit ihm in Koalitionsverhandlungen einzutreten, um eine neue Regierung zu bilden. „Wir müssen jetzt alle über unseren eigenen Schatten springen,“ so Wilders.
Doch bisher zeigen viele Parteien Wilders noch die kalte Schulter. Es wird daher schwierige und voraussichtlich langwierige Koalitionsverhandlungen geben in Den Haag.
Die einzige Partei, die klar signalisiert hat, mit Wilders und dessen PVV über eine Koalitionsregierung verhandeln zu wollen, ist bisher die „Bauern-Bürger-Bewegung BBB.“ BBB-Chefin Carolin van der Plas sagte: „Wir sind offen für Gespräche.“ Doch die BBB stellt nur sieben der insgesamt 150 Abgeordneten, ist aber im Senat (Erste Kammer) mit 16 Sitzen die mit Abstand stärkste politische Kraft.
Entscheidend wird sein, wie sich die rechtsliberale VVD nun positioniert. Wird Dilan Yesilgöz als Junior-Partnerin in ein Kabinett unter einem Ministerpräsidenten Wilders mitregieren wollen? Denn als Yesilgöz ihren folgenschweren Satz sagte, sie wolle auch mit Wilders koalieren, da dachte sie wohl daran, dass das nur unter einer Ministerpräsidentin Yesilgöz und mit Wilders als Juniorpartner geschehen könne. Nun sind die Machtverhältnisse genau umgekehrt.
Klar ist jedenfalls dass die grün-linke Parteienkoalition GL/PvdA unter Führung von Frans Timmermans auf keinen Fall mit Wilders und dessen PVV eine Koalitionsregierung formieren wird. „Wir müssen jetzt die Demokratie retten,“ tönte Timmermans nach dem schwachen Ergebnis der grün-linken Koalition, die mit einem Stimmenanteil von 16,6 Prozent künftig 25 Abgeordnete im Haager Parlament stellen wird.
Zünglein an der Waage ist Pieter Omtzigt und die erst von ihm im August gegründete neue Partei der Mitte NSC – Neuer sozialer Gesellschaftsvertrag. Die NSC errang rund 13 % der Stimmen und wird 20 Abgeordnete im neuen Haager Parlament stellen. Zwar schloss Omtzigt im Wahlkampf eine Koalition mit Wilders aus. Auf der Wahlparty der NSC am Mittwochabend aber schlug er schon andere Töne an: „Wir werden auf jeden Fall mitregieren,“ stellte er kategorisch fest. Auch mit Wilders? Das ist nun die Gretchenfrage. Omtzigt verlangt von Wilders, dass er seine radikalen Forderungen nach dem Verbot des Koran und der Schließung von Moscheen zurücknimmt, weil sie nach Ansicht von Omtzigt nicht mit der Verfassung vereinbar sind.
Es ist anzunehmen, dass Wilders diese Forderungen akzeptieren und viel Wasser in den Wein schütten wird und muss, wenn er regieren und Ministerpräsident werden will. Im Wahlkampf sagte er bereits: „Die Islam-Kritik ist Teil unserer DNA. Aber sie hat keine Priorität.“ Und auch seine Anti-Europa-Politik wird Wilders anpassen müssen, wenn er regieren will. Raus aus der EU und raus aus dem Euro, das wird mit so gut wie allen potenziellen Koalitionspartnern nicht zu machen sein. Der Wahltrend hin zu rechtspopulistischen Parteien in Europa setzt sich mit dem Sieg von Geert Wilders fort. Italien, Schweden, jetzt Niederlande.
DER KOMMENTAR
Datum : 23.11.2023
Mister „Milders“
Niederländische Wähler senden klare Botschaft: Stoppt die Migration/Der Islam gehört nicht zu Holland/EU muss demokratischer werden/Wir sind auf der Seite von Israel
Von HELMUT HETZEL
Den Haag. Der Ausgang der Wahl in den Niederlanden ist ein Paukenschlag. Der gerade 60 Jahre gewordene Islamkritiker und Rechtspopulist Geert Wilders ist der strahlende Wahlsieger. Die von ihm gegründete und geführte Freiheitspartei PVV erhielt 25 Prozent der Wählerstimmen und wird mit 37 von 150 Abgeordneten die stärkste Fraktion im neugewählten Haager Parlament und damit die stärkste politische Kraft des Landes. Weit dahinter liegt das grün-linke Parteienbündnis GL-PvdA unter Führung von Ex-EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans (62) mit nur 25 Mandaten oder 16,6 Prozent der Stimmen.
Besonders bitter ist die schwere Niederlage für Dilan Yesilgöz (46) und die rechtsliberale VVD. Die gebürtige türkische Kurdin wollte den seit 13 Jahren regierenden VVD-Ministerpräsidenten Mark Rutte beerben. Das ging richtig schief. Die VVD ist nach einem Verlust von zehn Sitzen mit künftig nur noch 24 Abgeordneten nur noch drittstärkte politische Kraft im hochdigitalisierten Land der Tulpen, Windmühlen und Computerchips.
Die Botschaft der Mehrheit der niederländischen Wähler ist klar und deutlich: Die Mehrheit will einen Migrationsstopp. Die Mehrheit sagt: Der Islam gehört nicht zu Holland. Die Mehrheit will eine demokratischere Europäische Union (EU). Viele Niederländer unterstützen mit ihrem Votum für Wilders auch massiv den großen Israel-Freund Wilders, während Israel gerade gegen die Hamas Krieg führt. All das sagt dieses Paukenschlag-Wahlergebnis aus.
Aber: Wilders will zwar nicht raus aus der Nato, aber er will der Ukraine keine Waffen mehr liefern. Die noch amtierende Haager Regierung unterstützt die Ukraine in diesem Jahr mit 2,3 Mrd. Euro und umfangreichen Waffenlieferungen. Sogar F-16-Kampfjets gehören dazu. Ukrainische Piloten werden bereits an niederländischen F-16-Kampfjets ausgebildet.
Noch ist Geert Wilders nicht Ministerpräsident der Niederlande. Es stehen schwierige und wohl langwierige Koalitionsverhandlungen an. Wilders wird sehr viel Wasser in den Wein schütten müssen und zahlreiche seiner radikalen politischen Forderungen begraben müssen, wenn er Regierungschef in Den Haag werden möchte. Er wird seinen Kosenamen, den er im Wahlkampf wegen seines milden politischen Kurses erhielt, alle Ehre machen müssen. Aus dem radikalen Wilders muss der Mister „Milders“ werden. Nur dann kann er in Den Haag regieren.
Links:
https://www.diepresse.com/17851816/das-comeback-des-rechtspopulisten-wilders
https://www.nu.nl/tweede-kamerverkiezingen-2023/6290900/pvv-wint-verkiezingen-maar-kabinet-wilders-i-is-heel-ver-weg.html
www.hetzelmedia.com
www.helmuthetzel.com
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